10.11.2013

Review: Antichrist



Nach rund einer Woche ohne Blogposts ist die Wahl der ersten Review-Preview nun gefallen! Und der Auserwählte ist der Antichrist ... ähm der Film "Antichrist". Ausgewählt habe ich ihn, um ehrlich zu sein nur, weil ich den Klappentext am interessantesten fand. Aber was ich von dieser Inszenierung halte und warum "Antichrist" definitiv nicht mehr so schnell zu vergessen ist, lest ihr hier!

Wie gesagt geht es heute um "Antichrist", einen kontroversen Film des mindestens ebenso kontroversen Regisseurs und Drehbuchautors Lars von Trier aus dem Jahr 2009. Erwähnenswert könnte noch sein, dass der Film eine Art "Hommage" an Andrei Tarkovski sein soll, von dem ich aber leider keinen Film besitze und auch keinen geschaut habe. Von daher werde ich nicht auf diesen vermeintlichen künstlerischen Zusammenhang eingehen, sondern eine subjektive Review aus Sicht eines "normalen Film-Konsumenten" verfassen! 


Auf in die Abgründe des Menschen!


In "Antichrist" geht es um ein namenloses Paar, "Er" (Willem Dafoe) und "Sie" (Charlotte Gainsbourg). Diese verlieren ihr einziges Kind, einen Jungen von höchstens zwei Jahren, während des Aktes unter der Dusche, da der Kleine schlafwandelnd aus dem Fenster springt [ja, wirklich...]. Das Ereignis geht natürlich nicht ohne bleibende folgen an den Eltern vorbei und so wird "Sie" in Depression und Trauer gezogen. Da "Er" praktischerweise Therapeut ist, begeben die zwei Liebenden sich in einen beinahe unberührten Wald, in dem die Frau mit ihrem Sohn bereits vor einigen Monaten Zeit verbrachte. Doch spätestens nach der ersten Nacht in kleinen, modrigen Holzhütte "Eden", in der die "Familie" residiert fangen seltsame Ereignisse an sich zu entspinnen und "Er" und "Sie" scheinen immer Tiefer in den Wahnsinn gezogen zu werden.


In der Ruhe liegt die Kraft!


Warum? Weil in der ersten halben bis dreiviertel Stunde so gut wie nichts passiert! Nach einer fast schon zu viel enthüllenden Einleitungsszene, die in schwarz-weiß, mit klassischer Musik unterlegt präsentiert wird, findet eine sehr langwierige aber auch intensive Einführung in die Charaktere sowie deren Gedanken statt.

Durch bizarre Bilder entsteht eine sehr düstere Atmosphäre

["Antichrist" Copyright © Zentropa Entertainments 2009]

Diese Darstellung ist allerdings sehr verschwommen und oft handelt ein Charakter komplett zuwider der Vorstellung des Zuschauers, gerade was die sexuellen Handlungen betrifft. Oft erschreckt der Film den Zuschauer aus genau diesen Gründen, weil nach einer langen Zeit langsamer Bilder plötzlich und komplett unerwartet etwas passiert, womit man nicht rechnet. Jumpscares kann jedes Kind machen, aber hier wird dem Zuschauer die Kinnlade komplett heruntergezogen, ein ums andere Mal! Es werden dem Zuschauer derart verwirrende und bizarre Szenen gezeigt, die auf einem ästhetisch hohem Niveau sind, aber ein großes Fragezeichen auf viele Gesichter "zaubern" könnten. 


Oscarreife Schauspielleistungen!


Wer Willem Dafoe und Charlotte Gainsbourg schon einmal in einer Inszenierung gesehen hat weiß, dass die beiden durchaus wissen, wie man einen Charakter gut in Szene setzt. Doch was die zwei in diesem Werk leisten ist schlichtweg grandios! Man schaue sich nur die Stelle an, in der Charlotte Gainsbourg masturbiert. Unglaublich sich so etwas zu trauen. Sie schaffen es, ohne weitere Darsteller, den Film über seine komplette Länge zu tragen, sodass es fast nie langweilig wird.

Fast nie? Ich muss auf jeden Fall einwenden, dass "Antichrist" nichts für jedermann ist. Neben der schockierend echt wirkenden Brutalität spielt der Film mit der Geduld des Zuschauers. Es muss viel zugehört werden, auch wenn teilweise wenig zu passieren scheint. Dem Zuschauer wird einiges abverlangt und das ist meiner Meinung nach auch gut so, ein wenig zu langsam erscheinen mir einige Szenen trotzdem.

Die Geräuschkulisse unterstreicht die unheimliche, düstere Atmosphäre des Dramasebenso wie die wundervoll Aufgenommenen Bilder. Visuell spielt "Antichrist" definitiv bei den ganz großen mit! Auch die Kameraführung, mal hektisch, mal statisch spiegelt die Gefühle der Akteure fantastisch wieder.


Technisch Top ansonsten Flop?


Wunderschöne Bildsprache: "Antichrist" ist technisch fast makellos!
["Antichrist" Copyright © Zentropa Entertainments 2009]


Jein! Klar ist die Story verworren, eine Message oder ein Sinn lassen sich schwer finden und verstörende Szenen sind teilweise "billige" Jumpscares. Allerdings findet man kaum ein vergleichbar düsteres aber trotzdem wunderschönes "Schocker-Drama" wie hier. 

Ich will gar nicht viel mehr zum Film verraten, da er meiner Meinung nach ein sehr besonderes, anderes Werk ist, dass man sich auf jeden Fall anschauen sollte. Er ist in vielen Punkten leider nur Mittelmaß, gerade die Story ist zu verwirrend und so metaphorisch aufgebaut, dass man teilweise nicht mehr weiß, warum der jeweilige Charakter gerade das tut was er tut. "Antichrist" ist ohne Recherche und sehr, sehr viel Fantasie fast nicht zu verstehen!

Trotzdem fasziniert der Film auf eine gewisse Art und Weise. Vielleicht ist es gerade interessant zu sehen, wie sich die Charaktere entwickeln oder aber auch, wie viel Leid ein Mensch ertragen kann. Ich bin mir nicht sicher über das alles, Fakt ist aber, dass es irgendetwas an "Antichrist" gibt, dass ihn sehenswert macht.

Wie gesagt war es das schon mit der Review, eine eigene Meinung sollte sich jeder bilden, denn ob der Film nun gut oder schlecht ist, entscheidet der persönliche Geschmack und das "Interpretationsvermögen" des Zuschauers, was hier des öfteren gefordert wird. Ich will nicht viel mehr verraten, da ich den Film 1. auch nach dem zweiten Mal nicht komplett verstanden habe und 2. aus dem Grund, dass der Film etwas besonderes ist und ich seine Faszination kaum in Worte fassen kann. Ich hoffe man merkt nicht zu stark, dass die Verwirrung, die der Film erzeugt hat, auf mich übergegangen ist und die komplette Struktur der Review zerstört hat. 

Empfehlen will ich den Film jedem, der neben einem starken Magen Lust hat, sich in die Abgründe des Menschen zu wagen. Man sollte Zeit mitbringen und sich komplett konzentrieren und auf den Film einlassen, denn ein ähnliches merkwürdiges, anspruchsvolles und "anderes" Werk findet man sehr selten!


Fazit:


"Antichrist" ist ein sehr groteskes, tiefgründiges und sehr verstörendes Kammerspiel, dass aber trotz fantastisch düsterer Atmosphäre und unglaublich guten Schauspielleistungen leider nie komplett "rund" und nachvollziehbar wirkt. 





Pro                                                                           

  • hervorragende Schauspielleistungen
  • dichte, düstere Atmosphäre
  • Bild und Ton stets sehr gut
  • einwandfreie Kamera-Arbeit
  • verstörende Präsentation, die einen bleibenden Eindruck hinterlässt

Contra

  • teilweise zu langsames Erzähltempo
  • fast schon zu anspruchsvolle Bildsprache
  • Kernaussage wird [auch nach zweitem schauen] nicht klar
  • teilweise nicht nachvollziehbares Handeln der Charaktere
  • zu wenig Erklärung






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